Markenvertrauen stärken

Warum manche Marken darauf verzichten, mit einem Markenzweck und ihrer Ehrlichkeit zu werben

Freitag, 6. Oktober 2023
Warum manche Marken darauf verzichten, mit einem Markenzweck und ihrer Ehrlichkeit zu werben

Aktuelle Trends deuten darauf hin, dass Verbraucher Ehrlichkeit und Integrität sehr zu schätzen wissen.

Angenommen, diese Trends entsprechen der Wahrheit: Welche Marketingansätze lassen sich dann aus dieser Situation ableiten? 2022 haben wir insgesamt 7.000 Verbraucher und 600 Marketingexperten befragt, um herauszufinden, inwiefern sie bei diesem Thema derselben und wo sie anderer Meinung sind.

Kunden schätzen es, wenn sich Marken einem bestimmten Zweck verschreiben (d. h. Stellung zu ethischen, ökologischen oder politischen Fragen beziehen). Fast die Hälfte der Befragten (47 %) gab in unserer Umfrage an, dass dies für sie wichtig ist.

Außerdem konnten wir eine starke Korrelation zwischen den Marketingzielen der CMOs und den Vorteilen eines Markenzwecks ermitteln: Die befragten CMOs gaben an, dass die Stärkung der Markenbindung, die Steigerung des Umsatzes, die Neukundenakquise und der Aufbau einer angesehenen Marke ihrer Meinung nach die vier wichtigsten Vorteile sind, die ihnen sowohl zum Thema Markenzweck als auch beim Stichwort Marketingziele in den Sinn kommen.

Aus diesem Grund werben drei von fünf (59 %) der CMOs in ihren Marketingkampagnen mehr oder weniger intensiv mit der Haltung ihres Unternehmens bei bestimmten gesellschaftlichen Fragen. Doch fast ein Viertel von ihnen (24 %) tut das nicht.

Tatsächlich gibt es eine kleine Gruppe von Marketingfachleuten, die vollständig darauf verzichtet, mit einem Markenzweck und der Ehrlichkeit ihres Unternehmens zu werben.

Was spricht gegen Werbung mit einem Markenzweck?

Von den 24 %, die nicht mit einem Markenzweck werben, wirbt fast die Hälfte (10 % aller Befragten insgesamt) bei ihren Kunden oder Verbrauchern überhaupt nicht mit der Haltung ihres Unternehmens in ethischen, ökologischen oder politischen Fragen.

Und für Marken kann es durchaus gute Gründe geben, so zu handeln.

Bekanntlich gibt es fünf Haupthindernisse für die Übernahme eines Markenzwecks, und zahlreiche Gründe, die diesbezüglich genannt wurden, zeigen, dass viele Marken vor den Schwierigkeiten zurückscheuen, die es bei der authentischen Etablierung eines Markenzwecks innerhalb ihres Unternehmens zu bewältigen gilt, und dass sie sich darum sorgen, dass man sie in der Öffentlichkeit dann womöglich als unauthentisch wahrnimmt – mit negativen Folgen für ihr Business.

Diese Ängste halten Unternehmen oft so lange von der Übernahme eines Markenzwecks ab, bis ihre Befürchtungen ernst genommen werden und ausgeräumt werden können.

Ohne Markenzweck geht es immer seltener

Auf die Frage, wie wichtig ein Markenzweck für ihre Kunden ist, antworteten sieben von zehn (70 %) der CMOs, dass ihre Zielgruppe Wert darauf legt, bei Marken zu kaufen, die sich klar positionieren.

Umgekehrt gaben 19 % von ihnen an, die Haltung ihres Unternehmens sei ihren Kunden nicht wichtig.

Auf die Bitte um nähere Erläuterung gaben 14 % der Befragten an, ein Markenzweck sei für ihre Kunden „nicht relevant“, oder vereinfacht ausgedrückt: Diese CMOs sagen, dass er ihren Kunden egal ist.

Dieser gängige Tenor – dass die Befragten es einfach als ihre Aufgabe betrachten, ein bestimmtes Produkt herzustellen oder einen bestimmten Service zu liefern, und dass eine klare Haltung zu gesellschaftlichen Fragen diesbezüglich irrelevant ist – beschreibt eine Einstellung, die sich Unternehmen zunehmend seltener leisten können: Denn inzwischen legt die Hälfte der Verbraucher (47 %) Wert darauf, dass Marken klar Stellung beziehen.

Natürlich besteht die Möglichkeit, dass diejenigen Unternehmen, die glauben, dass ein Markenzweck für ihre Kunden irrelevant ist, mit ihrem Angebot genau diejenigen Verbraucher bedienen, die sich ihrerseits nicht für den Markenzweck eines Unternehmens interessieren (7 % der Verbraucher gaben an, dass es ihnen „extrem unwichtig“ ist, ob eine Marke eine ethische, ökologische oder politische Haltung vertritt).

Doch diese Wahrscheinlichkeit ist sehr gering.

Währt Ehrlichkeit am längsten?

Unsere Umfrage hat ergeben, dass eine kleine Gruppe von CMOs sich hartnäckig weigert, die Bedeutung einer klaren Haltung oder Ehrlichkeit als wichtige Markeneigenschaft anzuerkennen. Einer von elf (9 %) CMOs gab an, dass seine Kunden keinen Wert auf die Ehrlichkeit seiner Marke legen.

Umgekehrt gaben 80 % der CMOs an, dass Ehrlichkeit ihren Kunden wichtig ist.

Wir wissen, dass Letzteres den Tatsachen entspricht: In unserer Umfrage gab die überwältigende Mehrheit (94 %) der Verbraucher an, dass sie großen Wert auf die Ehrlichkeit von Marken legen.

Dieses Ergebnis macht es schwierig, die Haltung der oben genannten 9 % der CMOs nachzuvollziehen, die diesbezüglich anderer Meinung sind.

Denn wenn Ehrlichkeit den Kunden angeblich nicht wichtig ist, was ist dann die Konsequenz? Dass Marken ihre Kunden in Bezug auf ihre Produkte und Dienstleistungen täuschen können und dass es den Kunden egal ist?

In unseren Augen wäre dies eine äußerst riskante Strategie, doch das befremdliche Ergebnis unserer Umfrage legt nahe, dass besagte 9 % tatsächlich glauben, die Ehrlichkeit von Marken würde überbewertet.

Im Gegensatz dazu führten die befragten CMOs eine ganze Reihe negativer Folgen auf, die denjenigen drohen, deren Marketing als unehrlich wahrgenommen wird – unter anderem negative Bewertungen (46 %), weniger Umsatz (42 %), negative Mundpropaganda (35 %) und eine geringere Kundenbindung (30 %).

Unehrlichkeit ist also durchaus riskant, selbst wenn die unbelehrbaren 9 % anderer Meinung sind.

Die Risiken der Unehrlichkeit

Auf die Frage nach den Risiken unehrlichen Markenmarketings antworteten 9 %, dass es keine Risiken gäbe, und weitere 21 %, dass die Risiken unehrlicher Marketingbotschaften „vernachlässigbar“ seien.

Doch lassen sich diese Aussagen womöglich auch aus einer anderen Perspektive betrachten? Könnte es sein, dass einige Marketingexperten in der Vergangenheit einfach schon allzu oft gesehen haben, dass unehrliche Unternehmen „ungeschoren davonkamen“? Möglicherweise. Bei diesem Aspekt ist es notwendig, zwischen zwei Gruppen von Befragten zu differenzieren.

Bei der ersten Gruppe handelt es sich um die „Zyniker“, die der Sinnhaftigkeit eines Markenzwecks und ehrlichen Marketings misstrauen. Diese Gruppe der Befragten praktiziert womöglich selbst unehrliches Marketing und wurde dafür bislang nicht mit negativen Folgen bestraft.

Die zweite Gruppe umfasst die „Pragmatiker“, die womöglich schon häufig Zeugen unehrlichen Markenmarketings durch die Gruppe der „Zyniker“ wurden und beobachten konnten, dass deren Unehrlichkeit nicht geahndet wurde.

Im Wesentlichen funktioniert dieser Teufelskreis also folgendermaßen: Die erste Gruppe praktiziert unehrliches Marketing und die zweite Gruppe muss mitansehen, dass die Unehrlichkeit dieser Marken keine Konsequenzen hat.

Ein Unternehmen, dessen unehrliches Verhalten jedoch inzwischen entlarvt wurde, ist Volkswagen. 2015 kam ans Licht, dass das Unternehmen Behörden und Verbraucher bezüglich der Umweltverträglichkeit seiner Dieselfahrzeuge getäuscht hat.

Sein „sauberer Diesel“ wurde als genau das beworben: als saubere und verantwortungsvolle Wahl. In Wahrheit hatte das Unternehmen jedoch bis zu sieben Jahre lang Labortests gefälscht, indem es eine spezielle Software einsetzte, die erkennen konnte, wenn ein Abgastest durchgeführt wurde, und die Emissionen daraufhin für die Dauer des Tests reduzierte, was einen bleibenden falschen Eindruck hinterließ.

Bei dieser bewussten Täuschung handelte es sich um einen äußerst raffinierten und wohlkalkulierten Fall von Unehrlichkeit. Der sogenannte Dieselskandal hat nicht nur den Ruf der Marke Volkswagen schwer beschädigt. Das Unternehmen wurde zudem allein in den USA zu Geldstrafen von bis zu 61 Milliarden Dollar verurteilt, und der Vorstandsvorsitzende musste zurücktreten.

Wie oben erwähnt, kann unehrliches Marketing äußerst empfindliche Strafen nach sich ziehen. Volkswagen hat diese Lektion auf die harte Tour gelernt.

Den richtigen Weg einschlagen

8 % der CMOs (einer von zwölf) folgen diesem Muster:

Erstens stellen sie in ihrem Marketing keinen Markenzweck zur Schau. Damit zählen sie zu den 24 % der befragten CMOs, deren Unternehmen nicht mit einer bestimmten ethischen, ökologischen oder politischen Haltung werben.

Zweitens glauben sie, dass sich die Kunden ihrer Marke nicht für einen Markenzweck interessieren (was allerdings nur auf 19 % der befragten Verbraucher zutrifft), und sie sind somit Teil einer Gruppe, zu der fast die Hälfte aller befragten CMOs gehören und deren gemeinsamer Nenner ihre Skepsis bezüglich der Relevanz eines Markenzwecks für ihre Kunden ist.

Drittens und letztens sind sie dennoch davon überzeugt, dass ihre Kunden Wert auf Ehrlichkeit und Transparenz legen. Diese Meinung teilen Sie mit der Mehrheit der Teilnehmer an unserer Umfrage.

Doch wenn ein Unternehmen beschließt, seine Geschäfte transparenter zu gestalten, funktioniert diese Strategie nur, wenn es positive Dinge zu verkünden hat.

Sofern beispielsweise irgendwo innerhalb der Lieferkette eines Unternehmens Zwangsarbeiter eingesetzt werden, wäre Transparenz wohl keine gute Taktik – es sei denn, die Marke könnte verkünden, dass sie jegliche Ausbeutung in ihrer Lieferkette unterbinden konnte.

Hier bietet sich diesen Marken eine Chance: Indem sie an Ehrlichkeit und Transparenz festhalten und die richtigen Schlüsse daraus ziehen, haben sie die Möglichkeit, ihrem Markenzweck ein Stück näherzukommen.

Denn mehr Transparenz zieht im Normalfall mehr Verantwortung nach sich und mündet in einer klaren Unternehmenshaltung in Bezug auf gesellschaftlich relevante Themen.

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